Die Geschichte vom Soldaten mit dem Trio Pinto
24. Juli 2015 um 10:43:07
· Schönegg - Trio für Klarinette, Violine und Klavier
· Strawinsky - Histoire du soldat (Version für Violine, Klarinette und Klavier und Sprecher)
Sprecher: Hans-Ueli Munzinger
Beat Schönegg über sein Trio für Klarinette, Violine und Klavier Als mich Urs Hofstetter fragte, ob ich für das Trio Pinto eine Komposition schreiben wolle, war ich sofort begeistert. Für drei so hervorragende Mu- siker zu komponieren, ist ein Vergnügen; besonders inspiriert hat mich, wie facettenreich und mit wie vielen subtil abgestimmten Klangfarben das Trio Pinto spielt. Dazu kommt eine grosse Agilität und musikalische Geschmeidigkeit. Ich musste also nicht lange überlegen – Schon früh stand fest, dass mein Trio zusammen mit Strawinskys »L’histoire du soldat« erklingen würde. Wir überlegten, ob ich, ähnlich wie Strawinsky, einzelne kurze (Tanz)sätze schreiben könnte. Zwar hatte ich, inspiriert von der Farbigkeit des Trios, etwas anderes, mehr Melo- disch-elegisches im Ohr, was ich auch gleich aufs Papier brachte (1. und 3. Satz). Durch die Hintertür ist dann, aber auf ganz andere Art, doch die Idee mit den kurzen Stücken eingeflossen, und zwar im 2. Satz, der mit »Scherze« überschrieben ist. Die Komposition war im Herbst 2014 fertig. Sie kam am 26. Juni 2015 in Freilassing (bei Salzburg) zur Uraufführung.
Igor Strawinsky: L'histoire du soldat (Suite für Klarinette, Violine und Klavier, 1918) Die Zeit des ersten Weltkrieges verbrachte Strawinsky im Schweizer Exil. In Morges am Lac Léman führte er ein einfaches, aber produk- tives Leben. Charles Ferdinand Ramuz übersetzte ihm die russi- schen Texte, die er vertont hatte, silbengetreu ins Französische. Bei- de waren wegen des Krieges, der das europäische Kulturleben zum Erliegen brachte, bald von ihren Einkommensquellen abgeschnitten. Da überlegten sie sich: »Warum nicht gemeinsam ein Stück schrei- ben, das keinen grossen Saal, kein grosses Publikum braucht, […] dessen Musik […] nur wenige Instrumente erfordern würde.« Ramuz erinnert sich weiter: »Die Geschichte vom Soldaten entstand aus solchen praktischen Erwägungen, […] sollte ein Geschäft sein, und zwar ein gutes Geschäft: sie ist niemals ein gutes Geschäft gewe- sen, und eigentlich überhaupt kein Geschäft.« Die Uraufführung in Lausanne im September 1918 unter grosser Aufopferung aller Be- teiligten war ein Erfolg – aber als das Stück auf Schweizer Tournee gehen sollte, machte die spanische Grippe einen Strich durch die Rechnung, danach ein Eisenbahnstreik … Aus mehreren russischen volkstümlichen Geschichten skizzierte Strawinsky das Libretto, das Ramuz ausarbeitete. Es geht um den armen Soldaten, der den Teufel zuerst überlistet, dann aber doch von ihm geholt wird. Die aus der Not geborene kleine Besetzung für sieben Instrumente und Sprecher inspirierte Strawinsky zu einem kompakten Klang und zu Formen hoher innerer Dichte. Die Tänze sind von eindringlichem Charakter. Strawinsky kombinierte folklore- ähnliche Materialien, zeitgenössische Unterhaltungsmusik, Poly- rhythmik und Polytonalität miteinander. Es entstand eine schlacken- lose, fast spröde Tonsprache, die für seine neoklassizistische Schaf- fenszeit beispielhaft ist. Strawinsky hat zusätzlich eine noch schlan- kere Fassung für Klarinette, Violine und Klavier hergestellt, die in unserem Konzert erklingt.
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